Manches ist jetzt bei diesem Abschied ein bisschen anders: Ich darf zum Beispiel zu Ihnen jetzt nicht wie üblich „liebe Trauergemeinde“ sagen. Nein, Eleonora hat immer wieder betont, dass keine Leichenbitterminen sehen will und keinen deprimierenden Unterton hören will, wenn wir uns an sie erinnern. Sie hießt zwar „Ernst“, aber sie war meistens fröhlich. Und sie hat sich ausdrücklich einen fröhlichen Rückblick gewünscht...!
Dass ihre Zeit auf Erden hier begrenzt war, hat sie ganz ohne Angst und Bitterkeit angenommen. Sie war sich ja immer sicher, dass es danach im Himmel gut weitergeht! „Es sieht so aus, als ob meine Mutter gleich in den Himmel fliegt, um bei Jesus und unserem lieben Gott zu sein“ – hast Du, liebe Rita, noch wenige Stunden vor ihrem Tod auf eine Karte an mich geschrieben.
Und Du hast mir später ein Foto gezeigt: Von dem leuchtend weißen Kleid, mit dem sie nach Ihrem Tod bekleidet werden wollte und mit dem sie jetzt ihre Reise ins Helle antreten darf. Dem hat sie mit einem unbegrenzten Optimismus und voller Gottvertrauen entgegengesehen. Und ich glaube, wenn man über sie spricht, dann ist es schön, dass wir dabei auf Fotos zurückgreifen können, die für sich sprechen:
FOTO MIT SONNENBRILLE. Die Sonnenbrille war ihr Markenzeichen. Und dass Sie immer geschminkt war. Sie hatte eine lebensbejahende Einstellung und dazu hat gehört, dass sie nicht schwach sein wollte, dass sie sich nie gehen ließ und dass sie auch noch fast ohne Augenlicht das Gute gesehen hat.
FOTO BEIM SENIORENSPORT. Stark zu sein, war ihr wichtig. Hier sehen wir sie beim Hanteltraining. Ich habe mal bei einem unserer Gespräche gebetet, dass Gott uns gerade dann seine Kraft spüren lässt, wenn wir schwach sind. Und da hat sie mir widersprochen: „Ich bin nicht schwach“ – hat sie gesagt, und sie hat mir erklärt, dass Schwäche in ihrer religiösen Prägung für sie bedeutet, kein Vertrauen zu haben, Gott nichts zutrauen. Wer einen starken Glauben hat – das war ihre Überzeugung – der ist ein starker Mensch. Immer! Also auch dann, wenn Du irgendwann körperlich nicht mehr die Kraft hast, eine Hantel zu stemmen.
Mit ihrer starken inneren Gewissheit und ihrem gepflegten Äußeren konnte sie überzeugend auftreten. Sie hat hochwertige Kosmetikprodukte verkauft.
Sie war 18 Jahre alt, als sie in die USA gezogen ist und dort dann 33 Jahre verbracht hat. Ihre Tochter Rita und ihr Sohn Tom sind dort geboren. Wir alle hier haben gerührt miterlebt, wie oft Rita aus den USA hierher kam. Liebe Rita, Du hast Dich wunderbar intensiv und liebevoll gekümmert. Das hat Deiner Mutter unglaublich gut getan.
FOTO MIT TV-NONNE. Wenn hier im Haus etwas zu erleben war, ist sie immer begeistert dabei gewesen. Vor ein paar Jahren wurde eine Folge aus der Fernsehserie „Um Himmels Willen“ hier gedreht. Und dabei hat sie nicht nur zugesehen, sondern sie hat sogar spontan eine kleine Rolle ergattert. Sie war dann dreimal im Fernsehen zu sehen und hat 25 € Gage bekommen. Die Frau neben ihr auf dem Foto ist die Schauspielerin Janina Hartig in der Rolle der „Schwester Hanna. Sie spielt in der Serie eine der Hauptrollen: Eine Nonne mit einem fröhlichen, zupackenden Glauben. Aber bei unserer lieben Frau Ernst, da war der Glaube nicht nur geschauspielert. Ihr Gottvertrauen war echt und tief im Herzen verwurzelt.
Als Bibelwort für die Trauerfeier hat sie sich einen Vers aus dem Johannesevangelium gewünscht: Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. (Joh. 3,16). Eine persönliche Beziehung zu Jesus lag ihr am Herzen. Sie hat gerne im Fernsehen die amerikanischen Prediger gesehen. Diese wuchtige, ungebremst glaubensstarke Art, Gottesdienst zu feiern, hat ihr mehr gegeben, als die eher konservativen Gottesdienste, die bei uns üblich sind. Denn ihr eigener Glaube war in einer netten Weise verwegen...
Ich kann mich erinnern, dass ich mal das Vaterunser mit ihr gebetet habe. „Unsere tägliches Brot gib uns heute“ – heißt es da. Und an dieser Stelle hat sie was ergänzt: „Unsere tägliches Brot gib uns heute und zwar am besten mit ungarischer Wurst“. Sie hatte unmittelbar davor aus dem Privatfundus einer Pflegekraft ein paar Scheiben scharfe Salami aus Ungarn bekommen. Und weil sie das normale Abendbrot oft fad fand, hat sie das besonders genossen. Sie war dankbar für alles, was Leben in ihr Leben gebracht hat. Und sie hat sich gefreut auf ein Aufleben im Angesicht Gottes. Ihr war klar, dass oben im Himmel scharfe Salami auf sie wartet.
Liebe Rita, Sie haben viel Zeit mit Ihrer Mutter verbracht. Und dabei waren Sie beide wach für die Zeichen, die von Gottes Zuwendung erzählen. Sie erinnern sich zum Beispiel an die Schmetterlinge vor dem Fenster an dem Nachmittag, an dem Ihre Mutter gestorben ist.
Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Mit dieser Zusage vertrauen wir Sie jetzt Gott an. Gott ist uns durch Jesus Christus in Menschengestalt weit entgegengekommen. Daran hat sie geglaubt. Und Ihr war klar, dass sie leben wird. Ewig. Im Frieden mit sich selbst und mit Gott. Und mit der besten Wurst auf dem Brot. Denn Gott ist voller Liebe und Leben und ihn zu sehen macht sättigt unseren Hunger und vollendet unser Dasein. Umfangen von SEINEM Gottsein. Amen.